Gründung des „Vereins zur Verbesserung der inländischen Pferde- und Viehzucht“
So ausführlich sich die Landwirtschaftsgesellschaft seit 1831 mit dem Plan beschäftigt hatte, die Landeszucht durch Tierschauen zu verbessern, so überraschend kam schließlich die
Gründung einer Vereinigung zustande, deren Mitglieder nun nicht mehr diskutierten, sondern endlich Taten sehen wollten.
Hatte sich das Tun der Landwirtschaftsgesellschaft zu sehr in theoretische Erörterungen erschöpft? Dem Vorstand der Gesellschaft blieb keine andere Wahl, als gute Miene zu machen und durch
Schreiben zu bekunden, er habe in Erfahrung gebracht, dass sich in den Ämtern Elsfleth, Brake, Rodenkirchen, Abbehausen und Burhave zur Erreichung des gedachten Zieles ein Privatverein gebildet
habe.
Die Idee zur Tierschau ging von dem Hausmann Ummo Lübben aus Golzwarderwurp aus. Neben ihm hat Graf von Wedel aus Oldenburg, später Prädident des Privatvereins, im wesentlichen zu seiner Gründung
beigetragen. Die großherzogliche Landesregierung in Oldenburg erteilte 1844 die Genehmigung zur Gründung des „Vereins zur Verbesserung der inländischen Pferde- und Viehzucht durch eine Tierschau,
Verlosung und Prämienverteilung“. In einem Brief an den seit 1829 regierenden Großherzog Paul Friedrich August von Oldenburg schrieb Graf von Wedel:
„Das Interesse des neuen Tierschauvereins sei schon jetzt sehr rege. Man rechne mit dem Verkauf von 300 bis 400 Aktien. Er wolle aber auch daran erinnern, dass Königliche Hoheit in Aussicht
gestellt habe, sich nach Konstituierung mit einer namhaften Aktie zu beteiligen. Also bitte er nun darum, Prämien für Rindvieh in Höhe von jährlich 400 bis 500 Taler aus der Staatskasse zu
bewilligen, da auch für die Pferdezucht jedes Jahr angemessene Mittel zuerkannt wurden.“
Der Oberstallmeister Graf von Wedel und der Großbauer und Viehhändler Ummo Lübben waren offenbar einflussreich genug, um die einmal erlangte Eigenständigkeit zu behaupten. Es kam hinzu, dass
Lübben, von 1839 an Vorsitzender des landwirtschaftlichen Filialgesellschaft Brake-Rodenkirchen, sich bald mit der Zentrale in Oldenburg überworfen hatte. Dieser unternehmungslustige und
fachkundige Züchter und Zuchtimporteur dachte jedoch nicht daran, noch einmal nach der Pfeife von Leuten zu tanzen, die seiner Meinung nach lateinische Bauern waren und auch in der Frage der
Tierschauen viel zu lange gezaudert hatten!
Seine Satzung hatte sich der „Verein zur Verbesserung der inländischen Pferde- und Viehzucht „ am 22. September 1844 in dem Gasthaus „Zum König von Griechenland“ in Ovelgönne gegeben.
Aus diesen noch heute vorliegenden Statuten geht hervor, dass das Gebiet sich auf die fünf Ämter Brake, Rodenkirchen, Elsfleth, Abbehausen und Burhave erstreckte.
Zu den Tierschauen in Ovelgönne kamen auch Tiere aus Butjadingen, sogar noch nach der Gründung eines eigenen Tierschauvereins in Stollhamm im Jahre 1859. Zu dem Vorstand des Ovelgönner
Tierschauvereins gehörten auch Züchter aus Butjadingen.
Die revidierten Statuten vom 25. Mai 1881 sagten aus: „Das Gebiet erstreckt sich auf die Ämter Elsfleth, Brake und Butjadingen“. Paragraph 20 sagt unter anderem; Die zur Schau gebrachten Tiere
des Vereinsbezirks zerfallen in zwei Distrikte, nämlich in Wesermarsch und Moormarsch.
Zur Wesermarsch gehören: Stadt- und Landgemeinde Elsfleth, die Stadt Brake und die Bauernschaften Hammelwarden, Oberhammelwarden, Käseburg, die Gemeinden Golzwarden, Ovelgönne, Rodenkirchen,
Esenshamm, Dedesdorf, Abbehausen, Atens, Blexen, Waddens, Langwarden, Tossens, Eckwarden, Stollhamm und Seefeld mit seinen Marschgemeinden.
Die Moormarsch bestand aus den Gemeinden Altenhuntorf, Bardenfleth, Neuenbrok, Oldenbrok, Großenmeer, den Bauernschaften Hammelwardermoor, Seefelderaussendeich, Reitland und den Gemeinden Schwei
und Strückhausen.
Geschichte der Tierschauen
Die erste Tierschau fand am 07. August 18545 in Ovelgönne statt. Die Tierschauen fanden anfänglich jährlich statt. Heute werden diese im dreijährigen Rhythmus ausgetragen.
Auf der 50. Tierschau im Jahr 1894 wurden aus der Marsch 485 Tiere und aus der Moormarsch 463 Tiere aufgetrieben. In dem Protokoll des Tierschauvereins vom 22. August 1895 wurde folgendes
vermerkt:
„Nach Rücksprache mit dem Amt des Großherzogs wurde die Tierschau wegen der in Dedesdorf herrschenden Maul- Klauenseuche auf den 13. September verlegt. Der Tierarzt Grashorn aus Ovelgönne stellte
jedoch fest, dass alles aufgetriebene Vieh gesund sei“.
Für die 60. Tierschau im Jahr 1904 wurde erstmals ein Tierschaukatalog erstellt. Neben dem Programmablauf wurden hier die Züchter aufgeführt.
Vor dem ersten Weltkrieg fand die letzte Schau am 23. August 1913 statt. Die 70. Tierschau, also die erste nach dem ersten Weltkrieg, wurde am 20. August 1919 abgehalten. Auch diese Schau war ein
voller Erfolg, was der Kassenbestand von 9.011,08 Goldmark ausdrückt. In den folgenden Jahren konnten aufgrund von Seuchen die Tierschauen nicht immer durchgeführt werden. Die 80. Tierschau fand
am 15. August 1932 statt. Trotz der Not der Zeit, insbesondere in der Landwirtschaft, hat sich doch die Daseinsberechtigung unserer Tierschau bewiesen. Zum ersten Mal wurden die Bezirke
„Wesermarsch“ und „Moormarsch“ zusammengelegt. Es zeigte sich, dass die Bezirke auch in Zukunft miteinander konkurrieren können. Insgesamt wurden 550 Tiere aufgetrieben.
Die 85. Tierschau fand am 21. August 1939 statt und war die letzte vor dem zweiten Weltkrieg. Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges wurden 1949 und 1950 wieder Tierschauen durchgeführt. Es
zeigte sich jedoch, dass der Krieg auch in der Züchterschaft große Lücken gerissen hatte.
In den Jahren 1950 bis 1965 gelang es nicht, Tierschauen auszurichten. Etliche Hofnachfolger blieben im Krieg, landwirtschaftliche Arbeitskräfte nutzten bessere Verdienst- und
Arbeitsmöglichkeiten in der Industrie und die Viehbestände litten unter der intensiven Tbc- und Bangsanierung.
Im Frühjahr des Jahres 1965 kam man dann zu dem Entschluß, eine Tierschau wieder zur Durchführung zu bringen. Man kam mit dem Bürgerverein Ovelgönne überein, die Tierschauen zukünftig in
Verbindung mit dem Pferdemarkt und einer Gewerbeschau abzuhalten. Am Sonnabend, dem 04. September 1965, war es endlich soweit. Die Schirmherrschaft dieser Tierschau hatte Seine Königliche Hoheit
Erbgroßherzog Nikolaus von Oldenburg. Er war mit einer Abordnung seines Hauses anwesend. Insgesamt wurden 506 Tiere aufgetrieben. Das „Landwirtschafts-Blatt“ schrieb folgenden Kommentar : „Ein
ganz hervorragendes Bild boten die drei Oldenburger Tierschauen dieses Jahres in Ovelgönne, Hude und Wildeshausen, die sowohl in der züchterischen Qualität und zahlenmäßigen Beteiligung, als auch
in der Vorbereitung und Organisation durchgeführt wurden.“
Ab dem Jahr 1965 wurden die Tierschauen im dreijährigen Rhythmus abgehalten. Im Jahr 1968 fand mit der Tierschau auch gleichzeitig eine Pferdeschau des Landkreises Wesermarsch statt. Die 90.
Tierschau fand am 04. September 1971 in Verbindung mit der 2. Kreispferdeschau statt. Schirmherr dieser Veranstaltung war der damalige Landrat und Mitglied des Bundestages Heinrich Müller aus
Nordenham.
An der Tierschau im Jahr 1980 nahmen erstmals 30 Kinder mit ihren Kälbern und Ponys teil. Abgerundet wurde diese Schau durch einen Jungzüchterwettbewerb. Die Jüngzüchter stellten sich mit ihren
Kälbern und Jungrindern der Konkurrenz. Dieses war eine erfolgreiche Bereicherung zur allgemeinen Förderung des züchterischen Nachwuchses. Ferner beteiligten sich am Tierbeurteilungswettkampfes
der Landjugend 70 Jungzüchter.
Unter dem Slogan „Tier und Technik“, verbunden mit einem Bauernmarkt fand die 97. Bezirkstierschau am 07. August 1992 auf dem Tierschauhamm in Ovelgönne statt. Erstmals wurde die Tierschau vom
traditionellen Pferdemarkt abgekoppelt, um der Veranstaltung wieder eine größere Beachtung zu geben.
Anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Tierschauvereins im Jahr 1994 fand am 08. Juli 1995 eine Jubiläumstierschau mit Bauernmarkt, Kreispferdeschau und einer Verbandsschau des
Landes-Schafzuchtverbandes Weser-Ems e.V. statt. Schirmherr der Veranstaltung war der damalige Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke.
Die 99. Bezirkstierschau am 21. Juni 1998 fand erstmals in Verbindung mit einem Tag des offenen Hofes statt. Der Tag des offenen Hofes fand auf dem Hof Woltmann in Ovelgönne statt.
Ein weiterer Höhepunkt in der Vereingesichte war die 100. Bezirkstierschau am 16. Juni 2002. Dieser Veranstaltung fand in Verbindung mit einem Tag des offenen Hofes sowie der 2.Oldenburg-Schau
statt.
Am 02. Juli 2011 fand die vorläufig letzte Tierschau statt. Unter der Schirmherrschaft von Björn Thümler (MdL) fand eine hervorragende Schau statt. Mit diesem Erfolg möchte der Verein im Jahr
2014 erneut eine Tierschau ausrichten. Dies wäre dann im 170. Jahr der Vereinsgeschichte die 104. Tierschau.
Die Präsidenten und Geschäftsführer des Tierschauvereins
1844 - 1862 Graf von Wedel, Präsident
A.C.Bunnemann, Sekretär
U.Lübben, Vizepräsident
1862 - 1886 F.Haase, Gemeindevorsteher, Präsident
E.Schüßler, Sekretär, ab 1883 H.Woltmann
von Häfen, Schriftführer
1887 - 1891 G.Battermann, Präsident
H.Woltmann, Sekretär
von Häfen, Kassenführer
1891 - 1919 W.Schröder, Präsident
Grashorn, Sekretär; in den letzten Jahren E.Dethard
von Häfen, Kassenführer
1919 - 1937 J.H.Battermann, Präsident
E.Dethard, Sekretär, ab 1920 Gemeindevorsteher C.Kuck
1937 - 1945 August Wulf, Präsident
Carl Kuck, Geschäftsführer
1949 - 1965 Kurt Tantzen, Präsident
Carl Kuck, Geschäftsführer
Hans Berger, Kassenführer; in den letzten Jahren Hans Harms
1965 - 1971 Benno Gräper; Präsident
Dietrich Stege, Geschäftsführer
Adolf Eilers, Kassenführer; ab 1966 Georg Carstens
1971 - 1993 Fritz Fasting, Präsident
Dietrich Stege, Geschäftsführer; ab Dezember 1989 Ingo Lieken
Irmtraut Stege, Kassenführerin; ab Dezember 1989 Heidrun Asche
1993 - 2003 Willy Rüpke, Präsident
Ingo Lieken, Geschäftsführer; ab Oktober 1994 Frank Bruns
ab 2003 Hermann Schildt, 1.Vorsitzender
Frank Bruns, Geschäftsführer
(Weitere ausführlichere Informationen können in der Chronik „150 Jahre Tierschauverein Ovelgönne 1844“ nachgelesen werden)